Montag, 31. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿


踏莎行•初春         Ta Suo Xing: Frühlingsanfang

芳草才芽,            Das Duftgras hat eben Knospen getrieben
梨花未雨。            Die Birnenblüten wurden noch nicht verregnet
春魂已作天涯絮。  Die Frühlingsseele ist schon ein Weidenkätzchen am Ende der Welt
晶帘宛转为谁垂,  Für wen hängt der Kristallvorhang so dezent
金衣飞上樱桃树。  Goldene Federn fliegen auf den Kirschbaum hinauf

故国茫茫,            Die alte Dynastie ist untergegangen
扁舟何许。            Wo wohl das kleine Boot jetzt ist
夕阳一片江流去。  Ein paar Strahlen der sinkenden Sonne fließen weg mit dem Strom
碧云犹叠旧河山,  Blaugrüne Wolken türmen sich noch über alten Flüssen und Bergen
月痕休到深深处。  Möge der Mond mit seiner Lichtspur nicht länger ihre Verborgenheit beleuchten

Sonntag, 30. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿

忆秦娥•春归         Yi Qin E: Der Frühling geht

东风老。               Der Ostwind schläft ein
起来点检残红少。 Ich stehe auf und prüfe die wenigen restlichen Blüten
残红少。               Die wenigen restlichen Blüten
一帘疏雨,            Ein Vorhang aus feinem Regen
半庭烟草。            Bedeckt die Hälfte des Hofs und die nebligen Gräser

燕莺故故将人恼。 Die Pirole und Schwalben ärgern mich mit Absicht
千声万语春归了。 Tausendfaches Zwitschern und Singen Der Frühling ist vorbei
春归了。               Der Frühling ist vorbei
双蛾谁遣,            Wer hat meine beiden Brauen geglättet
镜痕愁小。            Ihre Spuren im Spiegel zeigen kaum Sorgen

Samstag, 29. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿


忆秦娥•春感次素庵韵 Yi Qin E: Frühlingsgefühle, nach den Reimen von Su‘an


春时节。                Es ist Frühlingszeit
昨朝似雨今朝雪。  Gestern morgen schien es zu regnen, heute morgen fällt Schnee
今朝雪。                Heute morgen fällt Schnee
半春残暖,             Ein halber Frühling mit letzter Wärme
竞成抛撇。             Ist im Wettkampf ausgeschieden

销魂不待君先说。  Mein verzehrendes Herz braucht keine Worte von dir
凄凄痛还如咽。      Der elende Schmerz schnürt mir noch die Kehle zu
还如咽。                Schnürt mir die Kehle zu
旧恩新宠,             Alte Liebe und neue Gunst
晓云流月。             Morgenwolken und fließender Mond

Freitag, 28. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿


木兰花•秋夜         Mu Lan Hua: Herbstnacht


夜寒不耐西风劲, Die Nacht ist kalt, der strenge Ostwind ist nicht auszuhalten
多情却是无情病。 Empfindsamkeit jedoch ist eine unbarmherzige Krankheit
月痕依约到南楼, Die Spur des Mondes scheint zum südlichen Haus zu führen
楼头鼓角三更尽。 Im obersten Stock schweigen die Trommeln und Hörner um Mitternacht

蝉残韵咽魂难定, Die letzten Zikaden schluchzen, meine Seele ist ruhelos
百般烦恼千般恨。 Hundertfacher Verdruss und tausendfache Reue
起来点检露华深, Ich stehe auf und prüfe wie dick die Tautropfen sind
秋蛩四壁声相竞。 An allen vier Wänden zirpen wetteifernd Herbst-Heuschrecken

Donnerstag, 27. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿

菩萨蛮•春闺         Pusa Man: Frühling im Frauengemach

困花压蕊丝丝雨, Erschöpfte Blumen, zerdrückte Knospen, tröpfelnder Regen
不堪只共愁人语。 Ich ertrage es nicht, dass ihre gemeinsame Sprache nur traurig ist
斗帐抱春寒,        Der Bettvorhang umfängt die Frühlingskälte
梦中何处山。        Wo sind wohl die Berge aus meinem Traum

卷帘风意恶,        Ich rolle den Vorhang hoch, der Wind weht mit bösem Willen
泪与残红落。        Meine Tränen fallen zusammen mit welken Blüten
羡煞是杨花,        Die Weidenkätzchen beneide ich sehr
输它先到家。        Sie werden als Erste nach Hause geweht

Mittwoch, 26. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿

卜算子•春愁        Bu Suan Zi: Frühlingssorgen

小雨做春愁,       Leichter Regen weckt Frühlingssorgen
愁到眉边住。       Sorgen, die sich neben den Brauen einnisten
道是愁心春带来,Es heißt, der Frühling bringe Melancholie mit sich
春又来何处。       Wenn der Frühling wieder kommt, kommt er woher

屈指数花期,       Ich zähle die Tage der Blüten an meinen Fingern ab
转眼花归去。       Im Handumdrehen sind sie wieder weg
也拟花前学惜春,Vor den Blüten würde auch ich lernen, den Frühling zu lieben
春去花无据。       Ist der Frühling vorbei, haben sie keinen Beschützer mehr

Dienstag, 25. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿


如梦令•春晚       Ru Meng Ling: Frühlingsabend

花似离颜红少,  Wie ein Gesicht beim Abschiednehmen haben die Blüten kaum Farbe
梅学愁心酸早。  Die Pflaumen ahmen meine Sorgen nach, werden früh sauer
生怕子规声,      Ich fürchte mich vor der Stimme des Kuckucks
啼绿庭前芳草。  Der vor dem grünen Hof im Duftgras schreit
春老,春老,      Der Frühling geht zu Ende, zu Ende
几树垂杨还袅。  Zierlich und schlank stehen noch ein paar Trauerweiden

Montag, 24. Januar 2011

徐灿 Xu Can (ca. 1618-1698)

徐灿

捣练子•春怨         Dao Lian Zi: Frühlingsklage

依旧绿,               Grün wie eh und je
为谁红。               Und rot für wen
草草花花满泪丛。 Gräser und Blumen füllen ein Tränen-Gestrüpp
欲挽游丝萦好梦, Ich möchte den kräuselnden Weihrauch und meinen schönen Traum festhalten
一枝啼血洒春空。 Auf einem Ast schreit ein Kuckuck und scheucht den Frühling weg

Sonntag, 23. Januar 2011

杨宛 Yang Wan (? – 1644)

杨宛


即事二首寄修微  Zwei improvisierte Gedichte an Xiu Wei geschickt

其一                    1.

东风堪赏犹堪恨,Der Ostwind kann erfreulich und auch abscheulich sein
绽尽花来送尽花。Bringt alle Knospen zum Erblühen und trägt sie dann ganz mit sich fort
可惜一庭深浅色,Schade nur, der Hof mit seinen dunklen und hellen Farben
随风今去落谁家。Ist heute mit dem Wind verweht, um wohl auf welches Haus zu fallen

其二                    2.

东风同护曲阑中,Der Ostwind beschützt alle gleich innerhalb des gekrümmten Geländers
一样花枝别样红。Alle Zweige blühen, doch sind sie unterschiedlich rot
纵是不容春绾住,Auch wenn es dem Frühling nicht vergönnt ist, die Blüten festzubinden
莫教狼藉宋家东。Lass sie nicht wild durcheinander im Osten der Song Familie fallen

Samstag, 22. Januar 2011

杨宛 Yang Wan (? – 1644)

杨宛

病中              Inmitten einer Krankheit

坐卧掩虚堂, Ich liege in einem verschlossenen und leeren Raum
香风绕笔床。 Eine duftende Brise umweht den Pinselständer
咏花生艳冶, Schreibe ich über Blumen, werden Reize geweckt
题柳遂轻狂。 Ist das Thema die Weiden, führt das zu Schamlosigkeit
事少人偏倦, Ein bisschen Arbeit macht mich schon müde
情多梦不长。 Gefühle habe ich viele, meine Träume sind kurz
年年愁病日, Jahr für Jahr gräme ich mich durch Krankheitstage
却笑为诗忙。 Und muss doch lachen, wie eifrig ich Gedichte verfasse

Freitag, 21. Januar 2011

杨宛 Yang Wan (? – 1644)

杨宛

病起              Von einer Krankheit genesen

是事与心违, Diese Geschichte ist mir zuwider
经旬未启扉。 Ewig schon habe ich mein Tor nicht geöffnet
闲花随逝水, Wilde Blumen folgen dem fließenden Wasser
弱柳荡晴辉。 Junge Weiden schaukeln im klaren Glanz
燕子差帘箔, Schwalben kommen als Boten an den Vorhang
鱼儿长钓矶。 Fische wachsen am Angler Fels
年年当此际, Jahr für Jahr zu dieser Zeit
病起怯春衣。 Werde ich wieder gesund und scheue Frühlingskleidung

Donnerstag, 20. Januar 2011

杨宛 Yang Wan (? – 1644)

杨宛


看美人放纸鸢(五首) Betrachtung einer schönen Frau, die einen Papierdrachen fliegt (fünf Gedichte)

其一                       1.

共看玉腕把轻丝,  Gemeinsam sehen wir eine Jade-Hand, die einen zarten Seidenfaden hält
风力蹉跎莫厌迟。  Verzögert sich die Kraft des Windes, grolle nicht, dass er säumt
顷刻天涯遥望处,  Denn wenn der Blick sogleich zum weiten Horizont hin schweift
穿云拂树是佳期。  Bedeuten vorbeiziehende Wolken und sanft wiegende Bäume die richtige Zeit

其二                       2.

时来便逐浮云去,  Wenn die Stunde kommt, jagt er hinter schwebenden Wolken her
一意飘扬万种空。  Eigensinnig flattert er durch tausende von Himmeln
自是多情轻薄态,  Von sich aus voller Leidenschaft ist er doch liederlich
佳人枉自怨东风。  Die schöne Frau beschuldigt vergeblich den Ostwind

其三                       3.

羡伊万里度晴虚,  Ich beneide ihn, wie er zehntausend Li den Himmel überquert
自叹身轻独不如。  Beseufze, dass mein Körper nicht so leicht ist wie er
若到天涯逢荡子,  Wenn er am Ende der Welt einen Wanderer trifft
可能为报数行书。  Könnte er ihm ein paar Zeilen von mir bringen

其四             4.

愁心欲放放无由, Mein sorgendes Herz möchte sich lösen, lösen kann es sich nicht
断却牵丝不断愁。  Ein gehaltener Faden kann reißen, Sorgen vermögen es nicht
若使纸鸢愁样重,  Wenn der Papierdrache schwer wie mein Kummer wäre
也应难上最高头。  Könnte er kaum hinauf in höchste Höhen steigen

其五                       5.

薄情如纸竹为心,  Seine Liebe ist dünn wie Papier, sein Herz ist aus Bambus
辜负丝丝用意深。  Enttäuschend sein Kleinmut, seine Absicht schwer zu verstehen
一自飞扬留不住, Fliegt er erst hoch, ist er nicht mehr zu halten
天涯消息向谁寻。  Vom Ende der Welt kommen keine Nachrichten mehr

Mittwoch, 19. Januar 2011

马如玉 Ma Ruyu (frühes 17. Jhd.)

马如玉

蹴踘                     Den Lederball treten

腰支袅袅力微微,Ihre zierliche Taille wiegt sich mit sanfter Kraft
滚滚红尘拂羽衣。Ihr Federkleid fegt wirbelnden, roten Staub auf
掩月鬓边星独坠,An ihren den Mond verhüllenden Haarknoten baumelt ein einzelner Stern
石榴裙底凤双飞。Unter dem Saum ihres Granatapfelrocks fliegt ein Phönix Paar

Dienstag, 18. Januar 2011

马如玉 Ma Ruyu (frühes 17. Jhd.)

马如玉

烛花             Kerzenfunken

银烛透银帘,Silbernes Kerzenlicht dringt durch den silbernen Vorhang
兰房瑞色融。Im Orchideenzimmer passen die hübschen Farben harmonisch zusammen
丹葩应妒月,Rote Blumen richten sich nach dem neidischen Mond
紫烬却愁风。Lila Asche jedoch macht sich Sorgen, es könnte wehen
杯映珠还浦,Im Glas spiegeln Perlen, die nach Hepu zurückkehren
光流星度空。Das Licht fliegt wie Sternschnuppen durch den Himmel
无香辜恋蝶,Ohne Duft enttäuscht es betörte Schmetterlinge
有焰引飞虫。Mit seiner Flamme zieht es fliegende Insekten an

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微


病中听雨      Inmitten einer Krankheit dem Regen lauschen

山雨遥侵夜,Der Regen in den Bergen weit entfernt dringt in die Nacht
过春尚作寒。Solang der Frühling währt ist es noch kalt
却怜灯火寂,Doch liebe ich die Lichter in der Einsamkeit
反与病相安。Die mich in meiner Krankheit immer wieder trösten

Sonntag, 16. Januar 2011

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微

怨梅               Über Pflaumenblüten klagen

庭树亦如昨, Der Baum im Hof ist noch wie gestern
故人来何时。 Wann kommt der alte Freund zurück
花花自发, Knospe um Knospe ist in der Früh von selbst aufgeblüht
偏尔独开迟。 Ausgerechnet du von allen brichst verspätet auf

Samstag, 15. Januar 2011

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微


探梅              Nach Pflaumenblüten suchen

故人辞我去, Mein alter Freund ging weg von mir
期我梅花时。 Es war die Zeit als ich auf Pflaumenblüten wartete
昨夜偶相念, Letzte Nacht dachte ich zufällig an ihn
起看庭树枝。 Da stand ich auf und sah nach den Zweigen im Hof

Freitag, 14. Januar 2011

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微

闲居               In Muße leben

不妨昨日雨,  Der Regen gestern hat nicht geschadet
可喜是新晴。  Doch bin ich beglückt, dass es wieder klar geworden ist
窗暝从云宿,  Das Fenster wird durch die nächtlichen Wolken verdunkelt
庭虚待月行。  Der leere Hof wartet auf den wandernden Mond
闲真难适俗,  An Muße kann ich mich wirklich nur schwer gewöhnen
静乃合诗情。  Doch erst die Stille passt zum Gemüt für Gedichte
冬候常如此,  Zur Winterzeit ist es oftmals so
将愁何处生。  Woher sollen da bloß die Sorgen kommen

Donnerstag, 13. Januar 2011

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微


忆秦娥·湖上有感  Yi Qin E: Auf dem See, berührt

多情月,                 Der empfindsame Mond
偷云出照无情别。   Stiehlt sich hinter den Wolken hervor und bescheint unseren unbarmherzigen Abschied
无情别,                 Den unbarmherzigen Abschied
清辉无奈,              Der klare Glanz hat keine Wahl
暂圆常缺。              Kurz ist er rund, doch meistens unvollständig
伤心好对西湖说,   Mein gebrochenes Herz würde gern mit dem Westsee sprechen
湖光如梦湖流咽。   Das Licht auf dem See ist ein Traum, die Strömung ist blockiert
湖流咽,                 Die Strömung ist blockiert
离愁灯畔,              Die Trauer des Abschieds steht bei der Laterne
乍明还灭。              Erst leuchtet sie auf und dann geht sie aus

Mittwoch, 12. Januar 2011

王微 Wang Wei (1600-1647)

王微

庚申秋夜,予卧病孤山,闲读虎关女郎秋梦诗,
怅然神往,不能假寐。漫赋一绝并纪幽怀。予已
作木石人,尚不能无情,后之览者,当如何也?

In einer Herbstnacht im Jahr Gengshen (1620) lag ich krank in Gushan. Als ich zu meiner Unterhaltung das Gedicht "Herbsttraum" von der jungen Frau aus Huguan las, wurde ich von Schwermut befallen und konnte nicht schlafen. Beiläufig verfasste ich ein vierzeiliges Gedicht, um meine geheimsten Gefühle aufzuzeichnen. Obwohl ich ein empfindungsloser Mensch geworden bin, bin ich doch nicht frei von Emotionen. Wie wird es wohl den Lesern nach mir ergehen?

孤枕寒生好梦频,Mein einsames Kissen ist kalt, oft habe ich schöne Träume
几番疑见忽疑真。Ein paar Mal wähnte ich dich zu sehen, schon bilde ich mir ein, du seist echt
情知好梦都无用,Ich weiß genau, dass schöne Träume sinnlos sind
犹愿为君梦里人。Und dennoch wünsche ich mir, der Mensch in deinen Träumen zu sein

Dienstag, 11. Januar 2011

商景兰 Shang Jinglan (1605-1676)

商景兰

如梦令·寓园有感   Ru Meng Ling: Im Yu Garten, berührt

此地春光如绣。     An diesem Ort ist die Frühlingssonne wie gestickt
画槛名花依旧。     Auf dem bemalten Geländer sind noch immer kostbare Blumen
独立悄无言,        Ich stehe allein, ganz still, ohne Worte
梅比腰支还瘦。     Der Pflaumenbaum ist dünner noch als meine Taille
僝僽僝僽。            Kummer und Sorgen, Kummer und Sorgen
林外鸟声迤逗。     Vor dem Wald neckt mich Vogelgezwitscher

Montag, 10. Januar 2011

顾若璞 Gu Ruopu (1592-1681)

和夫子西溪落梅   Nach den Reimen im Gedicht meines Mannes „Pflaumenblüten fallen am West Fluss“

逦迤入西溪, Ein gewundener Pfad führt zum West Fluss hin
溪深深几曲。 Der Fluss ist tief, tief mit manchen Schleifen
断岸挂鱼罾, Am steilen Ufer hängen Fischernetze
茅檐覆修竹。 Strohbedeckte Dachvorsprünge verhüllen den langen Bambus
翠羽何啁啾, Bläuliche Federn, welch Zwitschern und Zirpen
满林香扑簌。 Der Wald ist mit zartem Flattern erfüllt
晴雪飞残英, Wie klarer Schnee fliegen die letzten Blüten
坐爱倾蚁绿。 Ich sitze beglückt und schenke mir Wein ein
鹿门迹未湮, Wenn die Spur nach Lumen noch nicht verschwunden ist
与子同归宿。 Komme ich mit dir zusammen zurück, um zu bleiben

Sonntag, 9. Januar 2011

顾若璞 Gu Ruopu (1592-1681)

长相思                  Unendliche Sehnsucht

春先到。               Der Frühling kam zuerst
愁先到。               Der Kummer kam zuerst
嫩莺故对新丛叫。 Junge Pirole rufen mit Absicht ins Dickicht hinein
懒把云和抱。        Träge halte ich die Zither in meinen Armen

愁先到。               Der Kummer kam zuerst
春先到。               Der Frühling kam zuerst
花轻蝶乱东风袅。 Zarte Blüten und kunterbunte Schmetterlinge schwingen im Ostwind
捻却花相照。        Ich möchte eine Blüte zwischen den Fingern zerreiben, doch die Blüten passen aufeinander auf

Samstag, 8. Januar 2011

曹静照 Cao Jingzhao (um 1620)

宫词                     Palast Verse

其一                      1.

宝妆云髻亸金衣, Kostbar geschminkt, hochgestecktes Haar, fallendes Goldgewand
娇小丰姿傍玉扉。 Mit bezauberndem Charme steht sie neben dem Jadetor
新入未谙宫禁事, Sie ist neu gekommen, kennt die Verhältnisse im Palast noch nicht
低头先拜段纯妃。 Mit gesenktem Kopf verneigt sie sich erst vor Konkubine Duan Chun

其二                      2.

一树寒花冒雪开, An einem Baum öffnen sich frostige Blüten dem Schnee zum Trotz
幽香寂寂映妆台。 Verborgener Duft überzieht leise die verzierte Terrasse
女官争簇传呼近, Dienerinnen drängen zusammen, ihre Rufe nähern sich
知是鸾宫选侍来。 Lassen wissen, dass die erlesenen Zofen des Phönix Palastes kommen

Freitag, 7. Januar 2011

张引元 Zhang Yinyuan (17. Jhd.)

点绛唇·答母      Dian Jiang Chun: Antwort an meine Mutter

时节清明,           Es ist die Zeit des Qingming Festes
暖风初入芭蕉院。 Ein erster warmer Wind weht in den Bananengarten
归期日盼,           Ich hoffe jeden Tag auf deine Rückkehr
松尽黄金钏。        Mein Goldarmband hängt schon ganz lose
病起南楼,           Nach meiner Genesung in der südlichen Kammer
愁睹将雏燕。        Betrachte ich die jungen Schwalben mit Sorge
无由见云瞻,        Ich kann nicht hinauf zu den Wolken schauen
十二栏凭遍。        Weil ich mich über alle zwölf Geländer lehne

Donnerstag, 6. Januar 2011

张引元 Zhang Yinyuan (17. Jhd.)

山居                In den Bergen leben

树密禽语清,   Aus dem dichten Wald ertönen klare Vogelstimmen
日高花气薄。   Wenn die Sonne hochsteht, ist der Duft der Blumen schwach
小室傍幽岩,   Neben dem einsamen Felsen steht eine kleine Hütte
当窗挂飞瀑。   Als Fenster hängt ein fliegender Wasserfall

Mittwoch, 5. Januar 2011

王凤娴 Wang Fengxian (frühes 17. Jhd.)

王凤娴

临江仙                  Lin Jiang Xian

珠帘不卷银蟾透,  Das Mondlicht durchdringt den hängenden Perlenvorhang
夜凉独自凭阑。     Die Nacht ist kühl, ich lehne allein am Geländer
瑶琴欲整指生寒。  Und möchte meine Jadezither stimmen, doch meine Finger sind klamm
鹤归松露冷,         Die Kraniche sind weggezogen, der Tau auf den Kiefern ist kalt
人静井梧残。         Kein Mensch ist zu hören, der Wutong Baum am Brunnen ist welk
天际一声新度雁,  Am Horizont ertönt der Schrei einer jungen Wildgans, die zum erstenmal wegfliegt
翱翔似觅回滩。     Sie kreist, als ob sie nach einem strudelnden Teich sucht
浮生几见几多欢。  Wie oft habe ich in meinem flüchtigen Leben wieviel Freude gesehen
三秋今已半,         Die drei Herbstmonate sind schon zur Hälfte vorbei
枫叶醉林丹。         Die Ahornblätter liegen berauscht im roten Wald

Dienstag, 4. Januar 2011

王凤娴 Wang Fengxian (frühes 17. Jhd.)

王凤娴


浣溪沙                  Huan Xi Sha

曲径新篁野草香。 Im neuen Bambushain am gewundenen Pfad duftet das wilde Gras
随风闪闪蝶衣忙。 Im Wind glitzern Schmetterlinge mit emsigen Flügeln
柳绵飞堕点衣裳。 Weidenkätzchen fliegen nieder und besprenkeln die Kleider
人在镜中怜影瘦, Ich stehe vor dem Spiegel und beklage mein dünnes Bild
燕翻波面舞春长。 Die Schwalben durchstöbern das kräuselnde Wasser, ihr Tanz währt den ganzen Frühling
小桥古渡半斜阳。 Bei der alten Fähre steht eine kleine Brücke in der halb gesunkenen Sonne

Montag, 3. Januar 2011

王凤娴 Wang Fengxian (frühes 17. Jhd.)

王凤娴

空闺                       Das leere Frauengemach
     
壁网蛛丝镜网尘,   Die Wände sind voller Spinnennetze und Staub bedeckt den Spiegel
花钿委地不知春。   Der goldblättrige Haarschmuck liegt auf dem Boden, er weiß nichts vom Frühling
伤心怕见呢喃燕,   Bekümmert fürchte ich, die zwitschernden Schwalben zu sehen
犹在雕梁觅主人。   Sie suchen in den geschnitzten Balken noch immer nach der Herrin des Hauses

Sonntag, 2. Januar 2011

尹纫荣 Yin Renrong (frühes 17. Jhd.)

野望                    Ein Feld betrachten

野望无山色,      Ich schaue über ein Feld ohne Berglandschaft
长天一抹清。      Der weite Himmel ist mit einem Wisch klar geworden
陌树齐如画,      Gleichmäßig wie gemalt säumen Bäume die Straße
其下有人行。      Unter ihnen spazieren Menschen

Samstag, 1. Januar 2011

尹纫荣 Yin Renrong (frühes 17. Jhd.)

雨后江望           Nach dem Regen den Fluss betrachten

雨后水更明,     Nach dem Regen ist das Wasser noch klarer als sonst
秋风渐渐声。     Das Rauschen des Herbstwinds wird nach und nach lauter
寒天白露满,     Der Winterhimmel steht voll in der Zeit "Weißer Tau"
江上晓烟横。     Über dem Fluss liegt der Morgennebel